Von Christian Vogl, Physikstudent
Etwa 20 % meiner Kommilitonen streben als Studienabschluss das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien an. Aufgrund der relativ kleinen Zahl an „Lehramtlern“ im Fachbereich entsteht im Laufe der Studienzeit eine sehr persönliche Atmosphäre unter den Studierenden.
Das Studium beginnt mit dem dreisemestrigen Grundstudium, in dem die Experimentalphysik und die ersten Praktika im Vordergrund stehen. Das Grundstudium wird mit der Zwischenprüfung abgeschlossen. Im Hauptstudium ergänzt die theoretische Physik den Fächerkanon. Zusätzlich stehen für Studierende des Lehramts das Fachdidaktikseminar und das Demonstrationspraktikum im Stundenplan. In diesen Veranstaltungen werden Studieninhalte zielgerichtet auf das spätere Arbeitsfeld Schule gelehrt und gelernt. Das Hauptstudium endet mit der Anfertigung einer experimentellen oder theoretischen Staatsexamensarbeit. Diese werden in den jeweiligen Arbeitsgruppen der Institute angefertigt.
Bearbeitet werden einerseits Themen und Aufgabenstellungen aus der aktuellen Forschung, die dann meist im Rahmen einer Mitarbeit an internationalen Großforschungsprojekten realisiert werden. Als Mitglied einer großen Forschungskollaboration entwickelt man ein kleines Puzzleteil, das aber stets einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen des Ganzen hat. Die Themen der Arbeiten können andererseits aus dem schulischen oder universitären Lehrbereich stammen, wie zum Beispiel der
Aufbau neuer Experimente für den Schulunterricht oder die diversen physikalischen Praktika an der Universität. Ich habe im Rahmen meiner Staatsexamensarbeit mehrere
Versuche geplant, gebaut und getestet. Diese Experimente helfen, die Natur des Lichts zu verstehen. Das Licht zeigt bei der Beugung an einem Doppelspalt Wellencharakter.
In einem zweiten Experiment wird das gleiche Licht stark abgeschwächt und sein Auftreffen auf ein Nachweisgerät akustisch angezeigt. Der Teilchencharakter des Lichts offenbart sich dabei. Das dritte Experiment kombiniert Teile der beiden anderen Experimente. Der Doppelspalt wird mit stark abgeschwächtem Licht bestrahlt. Das Verhalten des Lichts wird hinter dem Doppelspalt mit Hilfe einer speziellen Digitalkamera festgehalten. Das Licht zeigt in diesem Versuch sowohl seinen Teilchen- als auch seinen Wellencharakter. Man spricht in diesem Falle vom sogenannten Dualismus des Lichts.
Während der Anfertigung dieser Arbeit bin ich in eine der wissenschaftlichen Arbeitsgruppen des Fachbereichs integriert und lerne dabei den Forschungsalltag der Physiker an der Universität kennen. Die internationale Besetzung der Arbeitsgruppen und Kollaborationen und die Teilnahme an überregionalen Seminaren und Tagungen bereichern
die Zeit in den Arbeitsgruppen. Die Experimente, die im Rahmen meiner Staatsexamensarbeit entstanden sind, konnte ich bei verschiedenen universitären Veranstaltungen einer größeren Öffentlichkeit vorstellen. (Tag der offenen Tür, Wissenschaftsmarkt in der Mainzer Innenstadt). Ferner erhielt ich die Möglichkeit, die Experimente auf ihre Einsatztauglichkeit in der Schule zu testen. Die Experimente setzte ich im Rahmen eines Unterrichtsbesuchs in einem Physik-Leistungskurs am Rüsselsheimer Immanuel-Kant-Gymnasium ein. Die Resonanz der Schülerinnen und Schüler ist dabei ein wichtiger Indikator für eine erfolgreiche Umsetzung der Experimente.
Während meines Studiums konnte ich als Hilfswissenschaftler (HiWi) bei verschiedenen Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler an der Universität mitarbeiten. Die
Universität bietet Oberstufenschülerinnen und Schülern die Gelegenheit, Vorlesungen zu besuchen (Physik am Samstagmorgen) oder einen ganzen Tag auf dem Campus zu erleben. Als studentischer Tutor begleitete ich diese Schülerinnen und Schüler. Dadurch konnte ich auch während meines Studiums den Kontakt zu Schulen halten und direkt mit Schülerinnen und Schülern arbeiten.
Im Demonstrationspraktikum arbeite ich als Assistent aktiv in der Ausbildung der Lehramtskandidaten mit. Im interdisziplinären Arbeitskreis „Physikunterricht an Waldorfschulen“ bietet sich mir eine weitere Möglichkeit, über den Tellerrand der universitären Ausbildung hinauszuschauen.
Momentan bereite ich mich auf die mündlichen und schriftlichen Prüfungen zum ersten Staatsexamen vor. Im Anschluss daran besteht die Möglichkeit, an der Universität in Physik zu promovieren oder als Referendar in den Schuldienst zu wechseln. Ich werde den Weg an die Schule wählen und nach zweijähriger Referendarszeit meine Ausbildung zum Physiklehrer mit dem zweiten Staatsexamen abschließen.
März 2005