Im Mittelpunkt der Arbeiten des SFB und des Instituts für Kernphysik steht die wissenschaftliche Nutzung des Dauerstrich-Elektronenbeschleunigers MAMI (Mainzer Mikrotron). MAMI besteht in seiner momentanen Ausbaustufe aus einem Injektorlinac und drei hintereinander geschalteten Rennbahn-Mikrotronen, mit denen die Elektronen stufenweise auf 855 MeV beschleunigt werden (MAMI B). Elektronen dieser "mittleren Energie" können als Licht in einem Mikroskop aufgefasst werden, das gerade die richtige Wellenlänge, und das heißt Auflösung, hat, um die Bausteine der Kerne, die Nukleonen und Mesonen, zu sehen.
Der Strahl von MAMI zeichnet sich durch einen winzigen Durchmesser und eine ausgezeichnete Energieschärfe aus. Die wichtigste neue Eigenschaft ist jedoch, dass es einen praktisch kontinuierlichen Strahl (Dauerstrich) liefert. Dadurch kann man mehrere Reaktionsteilchen gleichzeitig messen (Koninzidenzexperimente) und sehr genaue und aussagekräftige Ergebnisse erzielen.
Der Bau dieses Beschleunigers wurde in den Jahren 1984 bis 1992 durch den SFB 201 entscheidend gefördert. In den folgenden Jahren von 1992 bis 1998 wurde dann die "Mittelenergiephysik mit der elektromagnetischen Wechselwirkung" in breiter Weise erforscht. Als herausragende Ergebnisse seien die Messung des Verhaltens der Nukleonen im Kern bei kleinen Abständen (Korrelationen) und die Verteilung der elektrischen Ladung im neutralen Neutron (Formfaktor) erwähnt.
Auf Grund neuer theoretischer Entwicklungen (Chirale Störungstheorie, nicht-perturbative QCD) zeigte sich in den letzten Jahren, dass MAMI B auch zur Untersuchung der Quark/Gluon-Struktur der stark wechselwirkenden Teilchen (Hadronen = {Nukleonen, Hyperonen, Mesonen}) sehr gut geeignet ist. Dies hat zur Gründung des neuen SFB 443 "Vielkörperstruktur stark wechselwirkender Teilchen" geführt. Durch eine im Rahmen der HBFG Förderung bewilligte Erhöhung der Energie auf 1 500 MeV durch eine vierte Stufe (MAMI C) kann das neue Thema in voller Breite bearbeitet werden. Es besteht Hoffnung, zur Aufklärung des bisher rätselhaften, prinzipiellen Einschlusses der Quarks und Gluonen (Confinement) auf ein Volumen von 2 o 10-15 m Durchmesser beizutragen. Hierzu beschreibt man die Beobachtungsgrößen wie Formfaktoren, Polarisierbarkeiten, Produktion von Mesonen und andere mit theoretischen Modellen. Über diese Modelle kann man dann auf das Verhalten der Quarks und Gluonen im bisher kaum verstandenen Bereich der QCD bei kleinen Impulsüberträgen, in dem das Confinement erzeugt wird, rückschließen.
Die Experimente an MAMI werden von etwa 200 Physikern aus vielen Ländern (u. a. Schottland, Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien, USA, Japan, Russland, Slowenien) gemeinsam in internationalen Kollaborationen durchgeführt. Diese Physiker werden durch die, gemessen an der Größe der Anlage, kleine, aber hochmotivierte Gruppe der etwa 70 nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter hervorragend unterstützt.