EU-Projekt zur Realisierung eines Quantencomputers
(PM 19.12.07) Quantenphysiker befassen sich in grundlegenden wissenschaftlichen Arbeiten mit dem Verhalten kleinster Teilchen, aber auch mit den praktischen Anwendungen der Quantenmechanik wie zum Beispiel der Quantenkryptographie oder dem Quantencomputer. Während die Quantenkryptographie, also die absolut sichere Verschlüsselung von Informationen, bereits realisiert wird – bei den schweizerischen Parlamentswahlen wurden im Oktober 2007 Wahldaten von Genf nach Bern übertragen -, so ist der Quantencomputer noch eine Zukunftsvision. In Europa arbeiten über 30 Arbeitsgruppen, die in einem EU-Projekt kooperieren und von der EU finanziell gefördert werden, an einer Lösung für die Informationsverarbeitung der Zukunft. Am 23. Januar 2008 treffen sich die führenden europäischen Wissenschaftler auf dem Gebiet des Quanten-Computing zu einer dreitägigen Konferenz in Mainz.
Die Teilnehmerliste liest sich wie das „Who‘s Who“ der Quanten-Informationsverarbeitung: „Wir erwarten etwa 70 Teilnehmer zu unserer Konferenz, darunter die renommiertesten Wissenschaftler auf diesem Gebiet aus Forschungsstätten in ganz Europa“, sagte Dr. Stefan Kuhr aus der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Immanuel Bloch am Institut für Physik, die das Treffen in Mainz organisiert. Die einzelnen Forschungsgruppen kooperieren seit etwa drei Jahren in dem EU-Projekt Scalable Quantum Computing with Light and Atoms (SCALA) und treffen sich in diesem Rahmen jährlich zum Informationsaustausch und zur wissenschaftlichen Diskussion. Die SCALA-Konferenz findet vom 23. bis 25. Januar 2008 im Herrmann-Staudinger-Hörsaal, Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Ackermannweg 10 in Mainz statt.
Die Wissenschaftler werden sich bei ihrer Konferenz mit den neuesten Entwicklungen in der Quanten-Informationsverarbeitung befassen. Fernziel ist die Herstellung eines Quantencomputers, der gegenüber herkömmlichen Computern um ein Vielfaches leistungsfähiger wäre. Beim Quantenrechner könnten beispielsweise die Informationen in Lichtteilchen oder in Atomen gespeichert werden. Ein Quantenbit, wie die kleinste Informationseinheit in Anlehnung an das Bit heutiger Computertechnologie genannt wird, könnte nicht nur den Zustand 0 und 1 annehmen, sondern alle möglichen Überlagerungszustände dazwischen, was seine unglaubliche Leistungsfähigkeit ausmachen würde. „Von einer Realisierung sind wir jedoch noch weit entfernt. Bei unserem Treffen wird es um grundlegende Studien und die Untersuchung von Modellsystemen gehen“, erläutert Kuhr. Die Mainzer Arbeitsgruppe trägt dazu durch ihre Arbeiten mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern bei. Durch Kühlung auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius werden Atome in einen neuartigen Materiezustand versetzt, bei dem genau ein Atom auf jedem Gitterplatz gefangen ist. Die Atome in dem Kristallgitter können so einen Quantenspeicher für zukünftige Quantencomputer bilden. An diesen Systemen konnten sogar erste elementare Quantengatter, ein Baustein zukünftiger Quantencomputer, demonstriert werden. Ziel der aktuellen Arbeiten ist es unter anderem, die Atome auf ihren Gitterplätzen einzeln zu manipulieren und zu adressieren.