Höchste Auszeichnung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft auf dem Gebiet der Experimentalphysik
(PM 16.11.07) Der Mainzer Teilchenphysiker Univ.-Prof. Dr. Konrad Kleinknecht erhält die Stern-Gerlach-Medaille 2008, die höchste Auszeichnung für experimentelle Physik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Wie die DPG zur Begründung mitteilte, haben Kleinknechts Experimente Schlüsselinformationen zum Standardmodell der Teilchenphysik geliefert und auch wesentlich zur Kosmologie beigetragen. Diese Errungenschaften basieren nicht zuletzt auf seinen grundlegenden Entwicklungen auf dem Gebiet von Teilchendetektoren. Konrad Kleinknecht ist seit 1985 ordentlicher Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sein Forschungsgebiet ist die Physik der Elementarteilchen, insbesondere Untersuchungen der schwachen Kraft zwischen Elementarteilchen und der Verletzung der Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie sowie die Physik der Neutrinos und die Physik der Strahlungsdetektoren.
Konrad Kleinknecht erhält die Stern-Gerlach-Medaille für seine Beiträge zur Physik der Elementarteilchen. Der Mainzer Wissenschaftler hat am Beispiel kurzlebiger Teilchen – den „K-Mesonen“ – die unterschiedliche Wirkung der Naturkräfte auf Materie und Antimaterie erforscht. Seine Erkenntnisse haben wichtige Konsequenzen für unsere Vorstellung von den Geschehnissen nach dem „Urknall“, aus dem vor rund 14 Milliarden Jahren das Universum hervorging.
Unter Kleinknechts wissenschaftlichen Leistungen hebt die DPG an erster Stelle die Erforschung der Verletzung der CP-Symmetrie – kurz CP-Verletzung – hervor. Dieses Phänomen, 1964 beim Zerfall von Elementarteilchen entdeckt, ist Beleg für eine Laune der Natur: auf subtile Weise unterscheidet sie zwischen Materie und Antimaterie. Doch zunächst war es ungewiss, ob dieser Effekt durch eine der bekannten Naturkräfte erklärt werden konnte. Es war 1988, als am Genfer Forschungszentrum CERN unter Kleinknechts Federführung erstmals Hinweise dafür gefunden wurden, dass sich die „CP-Verletzung“ auf die bekannte „Schwache Wechselwirkung“ zurückführen lässt. Diese Ergebnisse wurden seitdem durch weitere Untersuchungen bestätigt, an denen Kleinknecht wiederum maßgeblich beteiligt war. Die „Schwache Wechselwirkung“, eine Naturkraft, die auch für eine bestimmte Spielart der Radioaktivität verantwortlich ist, wirkt demnach auf Teilchen und Antiteilchen in unterschiedlicher Weise – was sich in der „CP-Verletzung“ äußert.
Dass die Natur zwischen Materie und Antimaterie unterscheidet, beeinflusst unser Bild vom Anbeginn des Universums. Im „Urknall“ entstand gleich viel Materie und Anti-Materie. Wenn sich Teilchen und Antiteilchen beim Aufeinandertreffen anschließend zu reiner Energie vernichtet hätten, hätte aus dem dichten Gedränge des Urfeuers allerdings ein Kosmos ohne Materie hervorgehen müssen: durchflutet von Licht und ohne Menschen. Dies trifft offensichtlich nicht zu, denn die Materie ist heute eindeutig in der Überzahl. Über die Ursache dieses Ungleichgewichts wird immer noch spekuliert. Lange Zeit vermutete man dahinter die bei „K-Mesonen“ beobachtete Symmetrieverletzung. Inzwischen ist jedoch klar geworden, dass allein dieses Phänomen, zu dessen Erforschung Konrad Kleinknecht maßgeblich beigetragen hat, bei weitem noch nicht ausreicht, um das Verschwinden der Antimaterie und den Überschuss der Materie zu erklären.
Die Auszeichnung besteht aus einer Goldmedaille, die im Februar 2008 während der DPG-Jahrestagung in Berlin überreicht wird. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e.V. (DPG) ist die älteste und mit rund 53.000 Mitgliedern die größte physikalische Fachgesellschaft weltweit. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert den Erfahrungsaustausch innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte darüber hinaus allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen.