Wissenschaftler aus dem In- und Ausland diskutieren im Schloss Waldthausen bei Mainz die Rolle des Mainzer Mikrotrons in der Hadronenphysik
Seit Dezember 2006 ist der Mainzer Elektronenbeschleuniger mit einer vierten Stufe ausgerüstet. Nach zweijähriger Laufzeit wurde im Dezember 2008 die bisher höchste Elektronenenergie von 1.558 Megaelektronenvolt (MeV) erreicht – Zeit für einen Rückblick und Ausblick, wie es mit dem Mainzer Mikrotron (MAMI) in den nächsten Jahren weitergeht. Bei der Konferenz „MAMI and Beyond“ treffen sich diese Woche rund 120 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland im Schloss Waldthausen bei Mainz, um neue Forschungsperspektiven auszuloten. „Ganz konkret werden wir bei der Konferenz einen Antrag für einen neuen Sonderforschungsbereich vorbereiteten“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Marc Vanderhaeghen vom Institut für Kernphysik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Dabei diskutieren wir unter anderem, welche Rolle die elektromagnetische Wechselwirkung als ein hochpräzises Werkzeug spielt, um Hadronen, also beispielsweise Protonen und Neutronen, genau zu untersuchen.“
An der Mainzer Universität wird bereits seit Ende der 70er Jahre eine Beschleunigeranlage zur Erzeugung eines kontinuierlichen Elektronenstrahls, realisiert als Kaskade von sogenannten Rennbahn-Mikrotronen, betrieben. Anfang der 90er Jahre kam als dritte Stufe das weltweit größte Rennbahn-Mikrotron hinzu. Dessen hervorragende Strahlqualität erlaubte die Durchführung von Experimenten, die die Mainzer Kern- und Teilchenforschung an die Weltspitze brachten. Sie lieferten vor allem Grundlagenwissen über den Aufbau unserer Materie, besonders der Protonen und Neutronen. Mit der vierten Beschleunigerstufe, MAMI C genannt, wurde nach sechsjähriger Bauzeit die Energie des Teilchenstrahls von anfänglich 855 MeV auf 1.558 MeV nahezu verdoppelt. Damit können noch ganz andere Teilchen erforscht werden, vor allem die schweren Mesonen. Davon erwarten sich die Wissenschaftler nicht nur neue Erkenntnisse über den Aufbau des Atomkerns, sondern auch über Phänomene des Universums wie beispielsweise die Zusammensetzung von Neutronensternen. Der Elektronenbeschleuniger steht Wissenschaftlern aus der ganzen Welt für Experimente in der Kern- und Teilchenphysik zur Verfügung.
Auf der fünftägigen Konferenz im Schloss Waldthausen sollen nunmehr die wichtigsten, noch offenen Fragen in der Hadronenphysik identifiziert werden. „Dann schauen wir, welche Rolle das Mainzer Mikrotron bei der Beantwortung dieser Fragen künftig spielen wird und wie das mit den bestehenden oder auch neuen Anlagen zu bewerkstelligen ist“, so Vanderhaeghen. Neue Projekte, die diskutiert werden, sind unter anderem Präzisionsexperimente an MAMI, Experimente mit Antiprotonen am PANDA-Detektor am geplanten FAIR-Projekt der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) und mögliche Erweiterungen davon wie zum Beispiel ein Elektron-Nukleon-Beschleuniger an FAIR. Dieser würde beispielsweise die Möglichkeit bieten, ein tomographisches Bild des Nukleons zu erstellen und den Bahndrehimpuls der Quarks im Nukleon zu bestimmen.