Prof. Arno Rauschenbeutel bringt neue Forschungsfelder nach MainzQuantenphysiker mit Lichtenberg-Professur und EURYI-Award arbeitet an der quantenmechanischen Kopplung von Licht und Materie mittels ultradünner Glasfasern(PM 06.07.07) Rückgrat unserer Informations- und Kommunikationsgesellschaft: Glasfasern sind aus dem modernen Alltag nicht mehr wegzudenken. Mit ihrer enorm hohen Kapazität machen sie den schnellen Austausch von großen Datenmengen erst möglich. Nach Ansicht von Univ.-Prof. Dr. Arno Rauschenbeutel ist damit ihr Potenzial aber noch lange nicht ausgeschöpft: Glasfasern könnten in Zukunft die Informationsübertragung weiter revolutionieren, sollte es gelingen, die in ihnen geführten Lichtstrahlen auf quantenmechanische Weise mit kleinsten Materieteilchen wie Atomen oder Molekülen zu manipulieren. Für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Quantenoptik hat der 36-jährige Physiker im vergangenen Jahr einen der höchstdotierten europäischen Forschungspreise erhalten und außerdem eine Lichtenberg-Professur der VolkswagenStiftung für herausragende Nachwuchswissenschaftler. Seit Dezember 2006 ist Rauschenbeutel als Universitätsprofessor für Experimentelle Quantenoptik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Mit den Mitteln aus dem European Young Investigators Award in Höhe von 1,25 Millionen Euro und der Finanzierung durch die Lichtenberg-Professur in Höhe von 1,5 Millionen Euro baut der Quantenphysiker eine neue Arbeitsgruppe auf, die sich mit der Verbindung von Glasfasertechnologie und Quantenoptik befasst. Bei der herkömmlichen optischen Datenübertragung werden Daten in Form von moduliertem Licht durch Glasfaserkabel geschickt, die einen Durchmesser von etwa 125 Mikrometer haben – ein menschliches Haar ist im Vergleich dazu etwa halb so dick. Um die Eigenschaften von Glasfasern in Verbindung mit der Quantenoptik zu nutzen, braucht es jedoch extrem feine Fasern mit weniger als einem Hundertstel des herkömmlichen Durchmessers. Nur dann, nämlich wenn der Durchmesser der Faser kleiner ist als die Wellenlänge des Lichts, kommt ein Effekt zustande, der für die Licht-Materie-Kopplung Voraussetzung ist. Bei herkömmlichen Glasfasern erfolgt innerhalb der Faser eine Totalreflexion des Lichts, was seine verlustfreie Weiterleitung überhaupt erst möglich macht. Das Licht ist hierbei jedoch im Inneren der Faser eingeschlossen, sodass es keine Wechselwirkung mit dem die Faser umgebenden Medium eingehen kann. Bei den ultradünnen Fasern tritt das Licht dagegen mit seinem Lichtfeld über die Faser hinaus und Atome oder Moleküle können daran gekoppelt werden. „Das ist unser Trick: wir müssen die Glasfaser so dünn machen, dass das Licht seitlich aus der Faser herausschaut“, erläutert Arno Rauschenbeutel. Konkret bedeutet das, eine herkömmliche Glasfaser von etwa 125 Mikrometer Durchmesser auf 0,5 Mikrometer zu verjüngen – das ist über 100 Mal dünner als ein menschliches Haar und mit dem bloßen Auge nicht mehr zu erkennen. Dazu werden „normale“ Glasfasern erhitzt und wie ein Kaugummi in die Länge gezogen. Es entsteht eine Faser von etwa 10 Zentimeter Gesamtlänge mit einem konisch zulaufenden Übergang von jeweils zwei bis drei Zentimetern rechts und links des ultradünnen Teils, der selbst mehrere Millimeter lang sein kann – zu sehen nur mit einem Mikroskop. Erste Versuche mit auf ultradünner Glasfaser aufgedampften Molekülen zeigten eine Veränderung des Lichtspektrums. Damit konnte die Dynamik von Molekülen auf Glasfasern eindeutig nachgewiesen werden. „Atome können Licht noch viel stärker absorbieren als Moleküle und ein einzelnes Atom hat einen signifikanten Effekt auf die Übertragung von Licht durch die Glasfaser“, erläutert Rauschenbeutel. „Ein einziges Atom genügt, um einen Lichtstrom abzuschalten oder umzulenken.“ Allein die Vorstellung, mit einzelnen Atomen zu arbeiten, war noch vor 50 Jahren undenkbar: Erwin Schrödinger, Pionier der Quantenmechanik, meinte, es sei ebenso wenig möglich mit einzelnen Atomen zu experimentieren wie „Ichtyosaurier in einem Zoo zu züchten“. Mit dem Ziel, ein einzelnes Atom mit Lichtteilchen, sogenannten Photonen, auf der Oberfläche einer Glasfaser zu koppeln, sind Rauschenbeutel und seine Mitarbeiter gerade dabei, die Einrichtungen für die Herstellung von ultradünnen Glasfasern in den Labors auf dem Mainzer Campus aufzubauen; die Anlagen für Versuche zur Kopplung von Materieteilchen an Licht folgen. Die Perspektive des Quantenphysikers ist es, schon bald verschiedene Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen: biologische und chemische Nanountersuchungen, atomare Lichtschalter und neue Typen von Mikrolasern wären der erste Schritt. Auf längere Sicht könnten solche Quantenoptik-Glasfaser-Systeme weiterentwickelt werden als neue Lichtquellen für die Quantenkommunikation und Quantenkryptographie sowie die Quanteninformationsverarbeitung. Rauschenbeutel, geboren 1971, hat Physik und Mathematik in Düsseldorf, Bonn und London studiert und an der Ecole Normale Supérieure in Paris promoviert. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn. 2005 erhielt er den renommierten europäischen Forschungspreis „Marie Curie Excellence Award“, im Juli 2006 den Zuschlag für eine Lichtenberg-Professur der VolkswagenStiftung und im Oktober 2006 den „European Young Investigators Award“ der European Science Foundation. Er folgte dem Ruf auf eine Professur für Experimentelle Quantenoptik an der Universität Mainz, wo er nun seit Ende 2006 in der Arbeitsgruppe Quanten-, Atom- und Neuronenphysik (QUANTUM) tätig ist. Am Donnerstag, 12. Juli 2007, hält Univ.-Prof. Dr. Arno Rauschenbeutel seine Antrittsvorlesung zum Thema „Dünner als das Licht – ultrafeine Glasfasern als Quantenlabor“. Die Vorlesung beginnt um 16 Uhr im Hermann-Staudinger-Hörsaal am Max-Planck-Institut für Polymerforschung. |