Beteiligung des Instituts für Physik am BMBF-FSP 101 - ATLAS Experiment
06.02.2007
(FB) Im Rahmen der feierlichen Inauguration der drei ersten Forschungsschwerpunkte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung - ALICE, ATLAS und CMS - fand am 02. Februar 2007 ein erstes gemeinsames Symposium im Wissenschaftszentrum Bonn statt. Ziel dieser Forschungsschwerpunkte ist die Förderung hoher wissenschaftlicher Exzellenz, die Stärkung der internationalen Sichtbarkeit und die Unterstützung von Forschungsnetzwerken, vergleichbar mit den transregionalen Sonderforschungsbereichen der DFG.
Uni-Präsident Prof. Dr. Jörg Michaelis und die beteiligten Professoren Konrad Kleinknecht, Lutz Köpke, Heinz-Georg Sander und Stefan Tapprogge aus dem Institut für Physik waren unter den Gästen.
Das ATLAS Experiment am Large Hadron Collider (LHC) am Forschungszentrum CERN in Genf untersucht Proton-Proton Wechselwirkungen bei bisher höchsten Energien und höchsten Kollisionsraten, zur Aufklärung der kleinsten Strukturen der Materie und der fundamentalen Kräfte. Es handelt sich um ein Experiment, das derzeit in einer großen internationalen Kollaboration bestehend aus rund 1700 Physikern aus 34 Ländern aufgebaut wird und in diesem Jahr mit der Datennahme beginnt. Der Aufbau des Experiments wird in den nächsten Monaten abgeschlossen sein.
"Unser derzeitiges Bild des Mikrokosmos, der kleinsten Teilchen aus denen die Materie zusammen gesetzt ist, ist durch das so genannte Standard-Modell der Teilchenphysik geprägt. Es ist in der Lage, viele experimentelle Beobachtungen zu erklären, weist jedoch auch Lücken auf, die wir mit Hilfe des ATLAS Experiments füllen wollen. Darüber hinaus erwarten wir Ergebnisse, die über unser derzeitiges Wissen weit hinaus gehen." So definiert die Mainzer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Tapprogge ihre Aufgabe. Sie beteiligt sich aktiv am Aufbau des Experiments durch die Entwicklung von spezieller Elektronik zur schnellen Signalverarbeitung, Entwicklung von Strategien zur Datennahme und der Vorbereitung der Physikanalyse zur Suche nach neuen Phänomenen.
Das ATLAS Experiment soll Antworten auf fundamentale Fragen der Teilchenphysik geben oder zumindest Lösungsansätze aufzeigen.
- Was ist der Grund für die Masse der Elementarteilchen?
- Haben die kleinsten Teilchen, die wir bisher kennen, eine Substruktur?
- Hat die Natur zusätzliche Symmetrien bei höchsten Energien (z.B. die sog. Supersymmetrie)
- Warum können wir solche Symmetrien bei niedrigen Energien nicht beobachten?
- Ist Supersymmetrie eine mögliche Erklärung für dunkle Materie?
- Gibt es eine Vereinheitlichung der fundamentalen Kräfte?
- Gibt es zusätzliche Raumdimensionen, zusätzlich zu den uns bekannten 3 Dimensionen?
Die erwarteten neuen Erkenntnisse über den Mikrokosmos sollten auch direkte Relevanz für das bessereVerständnis des Makrokosmos, also unter anderem der Struktur unseres Universums haben. Der LHC Beschleuniger stellt somit ein Modell-Labor dar, mit dem die Entwicklung des Universums zu einem Zeitpunkt von etwa 10-12 s (0,000000000001 s) nach dem Urknall studiert werden kann.
Hierzu reicht das Physikprogramm bei ATLAS von Präzisionsmessungen fundamentaler Parameter des Standard-Modells, über die Suche nach dem Higgs Teilchen, das innerhalb des Standard-Modells erwartet wird, bis hin zu Suchen nach völlig neuartigen Phänomenen, die nur in „exotischen“ Theorien auftauchen.
Viele Theorien, die über unseren derzeitigen Horizont hinausschauen, machen zum Teil spektakuläre Vorhersagen über neue Teilchen, die produziert werden sollten, und auch völlig neuartige Phänomene wie z.B. die Produktion von kleinen schwarzen Löchern, die nach ihrer Produktion instantan verdampfen und eine Vielzahl von Teilchen produzieren.
ATLAS bietet aufgrund der hohen Kollisionsenergien der Protonen, die sieben mal größer ist als bei bisherigen Experimenten und der enorm hohen Ereignisrate, die etwa 50 mal größer ist als bisher erreicht, ausgezeichnete Voraussetzungen unser Weltbild substanziell zu erweitern.
ATLAS Experiment im Aufbau (Photo vom November 2005).
Zu sehen sind die Spulen des zentralen Toroid-Magneten und das zentrale Kalorimeter.