Von deutschen Physikern mitentwickelter und -gebauter Belle II-Teilchendetektor zeichnet erste Ereignisse auf
26. April 2018
In der Nacht zum 26. April um 0:38 Uhr japanischer Zeit (MEZ+8) ist es zum ersten Mal gelungen, im SuperKEKB-Teilchenbeschleuniger am Forschungszentrum KEK in Tsukuba (Japan) beschleunigte und gespeicherte Elektronen und Positronen zur Kollision zu bringen. Der am Wechselwirkungspunkt installierte Belle II-Detektor zeichnete dabei erste Ereignisse durch die Annihilation von Elektronen und Positronen (Materie-Antimaterie-Vernichtung) aus den beiden Strahlen auf, bei denen neue Teilchen, unter anderem auch Bottom/Anti-Bottom-Quark-Paare erzeugt wurden. Zudem ließen sich andere hadronische und Bhabha-Streuereignisse beobachten. Dies waren die ersten Elektron-Positron-Kollisionen am KEK Teilchenbeschleunigerlabor seit acht Jahren, nachdem der Vorgängerbeschleuniger KEKB 2010 abgeschaltet worden war.
Der Belle II-Detektor am SuperKEKB-Beschleuniger wurde von einer internationalen Kollaboration mit mehr als 750 Wissenschaftlern aus 25 Ländern geplant und gebaut. Deutsche Wissenschaftler zeichnen dabei unter anderem verantwortlich für die Entwicklung und Bau des Pixeldetektors zur präzisen Messung von Teilchenspuren in der unmittelbaren Wechselwirkungszone. Die Gruppe von Prof. Dr. Concettina Sfienti an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat dieses Vorhaben mit der Entwicklung und Programmierung spezieller Elektronik zur Überwachung des Pixeldetektors unterstützt. Verglichen mit seinem Vorgänger, dem Belle Detektor, hat Belle II deutlich verbesserte Eigenschaften und kann Ereignisse mit einer viel höheren Rate, die durch die 40-fach höhere Luminosität des SuperKEKB-Beschleunigers erzeugt wird, detektieren und rekonstruieren. Etwa 50 Milliarden Ereignisse mit B/Anti-B-Meson-Paaren sollen in den kommenden zehn Betriebsjahren aufgezeichnet werden – das entspricht dem 50-fachen Datensatz des vorherigen KEKB/Belle Experiments.
SuperKEKB, zusammen mit dem Belle II-Detektor, ist eine Anlage, die zur Suche nach Neuer Physik jenseits des Standardmodells über die Messung seltener Zerfälle von Elementarteilchen, wie z.B. Bottom- und Charm-Quarks oder Tau-Leptonen, gebaut wurde. Belle II wird dabei das Problem angehen, Beweise für die Existenz neuer unbekannter Teilchen zu finden, die eine mögliche Erklärung für das Vorherrschen von Materie im Vergleich zu Antimaterie liefern und weitere offene fundamentale Fragen zum Verständnis des Universums beantworten können.
Im letzten Monat begann am KEK eine neue Stufe im Betrieb des SuperKEKB-Elektron-Positron-Beschleunigers: mit einem neuen Positron-Dämpfungsring, einem außerordentlich komplexen System aus supraleitenden Fokussiermagneten, und dem Belle II-Detektor am Wechselwirkungspunkt. Ein Elektronenstrahl wurde zum ersten Mal am 21. März erfolgreich im Hochenergie-Ring beschleunigt und gespeichert. Am 31. März folgte dann der Positronenstrahl im Niederenergie-Ring. In den folgenden Wochen ist das abschließende Justieren des Beschleunigers zur Vorbereitung der Kollision der beiden Teilchenstrahlen im Mittelpunkt des Belle II-Detektors durchgeführt worden.
Im Unterschied zum Large Hadron Collider (LHC) am Forschungszentrum CERN in Genf (Schweiz), dem Protonenbeschleuniger, der die weltweit höchsten Energien erreicht, ist SuperKEKB/Belle II entworfen worden, um die weltweit höchste Luminosität zu erzielen.
Die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Verbundforschungsförderung für Belle II ist eingebettet in das Rahmenprogramm „Erforschung von Universum und Materie (ErUM)“, siehe auch hier.